Historie
Vom Bergmann zum Seemann
Vom Bergmann zum Seemann
Der Senftenberger See ist aus dem ehemaligen Tagebau Niemtsch entstanden. Hier wurde von 1941 bis 1966 Braunkohle gefördert,insgesamt ca. 120 Mill. Tonnen.
Nach dem Rückbau der Tagebau Technik wurde das Restloch geflutet, d.h. das Grundwasser konnte wieder ansteigen und über eine Rohrleitung wurde auch der Fluß Schwarze Elster angezapft. Der Endwasserstand wurde zum Jahresende 1972 erreicht.
Das erste sehr betagte Fahrgastschiff ( Baujahr 1916 in Berlin ) kam aus Kyritz, nach Senftenberg optisch aber in gutem Zustand. Im Mai 1973 erhielt Volkmar Topf als erster Schiffsführer der Fahrgastschifffahrt Senftenberger See seinen Arbeitsvertrag.
Und jetzt musste es schnell gehen. Er musste sich mit dem Schiff vertraut machen und die Fahrtroute über den See erkunden, denn nicht überall wo Wasser war, war es auch tief genug.
Am 01. Juni 1973 startete die „Nixe“ zur Eröffnung des Erholungsgebietes „Senftenberger See“ ab dem Strand Großkoschen zu einstündigen Rundfahrten auf dem See.
Die Schiffsfahrten erfreuten sich von Anfang an großer Beliebtheit.
Das Schiff hatte 78 Sitzplätze, war 19,00 m lang und 3,90 m breit. Der Motor war ein 6 Zylinder MAN mit 120 PS.
Damals bumte die Fahrgastschifffahrt, somit schaute man sich nach einem Schiff um, welches die Flotte verstärken könnte. Das MS „Löcknitz“ stand zum Verkauf.
Das Schiff war, wie die „Nixe“, 1916 in Berlin gebaut worden und fuhr seit 1939 auf dem
Werbellinsee. Es hatte 98 Sitzplätze, war 21,00 m lang und 3,26 m breit. Angetrieben wurde es von einem H 6 – Motor mit 120 PS. Das Schiff wurde an der Niemtscher Brücke, am Auslauf des See´s, eingesetzt und startete 1975 als „Neptun“ in die Saison.
Ende 1975 musste das Fahrgastschiff „Nixe“ außer Dienst gestellt werden. Der damalige
Kombinatsdirektor des Braunkohlekombinates Senftenberg hatte die Idee, das Schiff für die Kinder des betriebseigenen Ferienlagers, kurz hinter dem jetzigen Hafencamp, zu nutzen. So wurde es dort unterhalb mit Planierraupen auf den Strand gezogen.
Leider gab es auch schon damals Vandalismus – die Sitze wurden aufgeschlitzt, Scheiben und Wandverkleidung zerschlagen und herausgerissen. So musste der übriggebliebene Schrotthaufen 1977 wegen akuter Unfallgefahr beseitigt werden. Das Kinderferienlager wurde Anfang der 1990-er Jahre auch abgerissen.
Da nun ab 1976 ein Schiff weniger auf dem See unterwegs gewesen wäre, wurde kurzerhand das kleine Schiff „Bärbel“ von Goyatz am Schwielochsee mitsamt Schiffsführer Erich Altmann zum Senftenberger See umgesetzt und bekam den schönen Namen „Delphin“. Es war ein kleines offenes Schiffchen mit Dach. Immerhin hatte es 42 Sitzplätze, war 11,06 m lang, 2,60 m breit und wurde von einem 1 Zylinder Junkers HK65 mit 12,5 PS angetrieben.
Die Fahrgastschiffe „Nixe“, „Neptun“ und „Delphin“ hatten keine gastronomische Versorgung an Bord, der Motor stand mitten im Fahrgastraum, entsprechend lang war die Welle zur Schiffsschraube, und es war laut.
1977 wurde die Bedeutung des Erholungsgebietes „Senftenberger See“ im Lausitzer Kohlerevier mit einem neuen Schiff gewürdigt. Das MS „Glück Auf“ wurde als viertes einer neuen Serie von Fahrgastschiffen, Bifa Typ III, auf der Yachtwerft Berlin exklusiv für Senftenberg gebaut und dort auch von der damaligen Senftenberger Bürgermeisterin Hannelore Wagner getauft. Nach Überführung auf dem Wasserweg – Spree – Havel – Elbe – wurde es in Lutherstadt Wittenberg aufgeslipt und per Schwertransport (ca. 40 m lang) über Herzberg, Elsterwerda, Hosena zum Senftenberger See gebracht.
Um das Schiff, 28,5 m lang und 64 t schwer, zu Wasser lassen zu können, musste die Slipanlage erweitert und für ein abslipen quer zum Wasser hergerichtet werden.
Am 30. September 1977 startete das MS „Glück Auf“ zu den ersten Rundfahrten auf dem See. Es verfügte über zwei Salons unter Deck mit 24 und 60 Plätzen mit Klimaanlage und
gastronomischer Betreuung und 40 Plätzen an Oberdeck. Angetrieben wurde es durch einen 6 Zylinder Schönebecker Schiffsdiesel mit 122 PS. Der Tiefgang betrug ca. 80 cm und die Geschwindigkeit ca.12 Km/h.
Nach der Saison 1978 ging das MS „Delphin“ wieder zum Schwielochsee zurück und fuhr dort als „Nixe“ weiter. Das MS „Neptun“ wurde nach der Saison 1981 außer Dienst gestellt und abgewrackt, Reparaturen hätten den Rahmen gesprengt.
Ende 1981 wurde vom Kraftverkehr Eisenhüttenstadt das MS „Eberswalde/Finow“ erworben. Es war ein in der Schiffsfabrik Moskau gebauter Wasserbus, Gleitboot Typ Sarja, ursprünglich mit einem Panzermotor mit 750-1000 PS, für die sowjetischen Flüsse ausgestattet. Zu Wasser gelassen wurde es im Frühjahr 1982 mit zwei Kränen an der Niemtscher Brücke. Das Schiff erhielt den Namen „Aktivist“ und übernahm die Linienfahrten des „Neptun“.
Als es zum See kam, hatte es aber schon einen 6 Zyl. Schönebecker Schiffsdiesel mit nur 140 PS drin. Das Schiff hatte Platz für 60 Personen und Gastronomie an Bord. Es war 22,00 m lang, 4,30 m breit und hatte einen Tiefgang von nur 45 cm.
Nach der Saison 1989 wurde die „Aktivist“ stillgelegt und schließlich abgewrackt.
Es sollte wieder ein Zweitschiff her, somit wurde 1990 das MS „Schlaubetal“ erworben.
Es hatte erst kurz vorher eine Erneuerung der Fahrgasträume erhalten. Die
angeschraubten Tische und Klappbänke sind herausgenommen und durch eine lose Bestuhlung ersetzt worden. Dadurch sind zwar 14 Plätze weggefallen, aber es ergab eine angenehmere Atmosphäre in den Räumen und es wurde behindertenfreundlicher. An der
Namenssuche konnten sich die Leserinnen und Leser der Lausitzer Rundschau beteiligen. Die Entscheidung fiel auf den Namen „Santa Barbara“.
Der Schwertransport traf am 22.März 1991, über Schwarzkollm kommend, in Großkoschen ein. Nach Beseitigung der Transportschäden wurde das MS „Santa Barbara“ zu Wasser gelassen und startete am 25. Mai 1991, neben dem MS „Glück Auf“, zu Rund- und Linienfahrten auf dem See. In den beiden Salons finden 20 und 50 Personen Platz und an Oberdeck 40 Personen. Der Motor hat eine Leistung von 140 PS.
Leider zeigte sich schnell, dass die Besucher- und Fahrgastzahlen in dieser Umbruchzeit rapide zurückgingen und zwei Fahrgastschiffe kostenmäßig für die Gesellschafter des Zweckverbandes nicht zu halten waren. 1992 erfolgte die Ausschreibung zum Verkauf, und damit zur Privatisierung, des Bereiches Fahrgastschifffahrt des Erholungsgebietes „Senftenberger See“
Letztendlich erhielt das Konzept des damaligen Schiffsführers Rolf Bothen, der 1975 als gelernter Hochseeschiffer hier als Bootsmann angefangen hat, Ende 1993 den Zuschlag. Er erwirbt das MS „Santa Barbara“ und betreibt die Fahrgastschifffahrt auf dem Senftenberger See und das MS „Glück Auf“ wird durch den Landkreis verkauft.
Das MS „Glück Auf“ ist nach Oderberg verkauft worden und fuhr dort unter dem Namen
„Fürstenberg“ am Schiffshebewerk Niederfinow. Aktuell fährt das Schiff für die Reederei Wichmann unter dem Namen MS „Seelust“ in Plau am See.
Die Reederei Rolf Bothen – Senftenberger See – ging am 01. März 1994 an den Start. Ein
Schiffsführer wurde mit übernommen, die beiden anderen Kollegen fanden aber auch zeitnah eine neue Arbeit.
Die Besucher- und Fahrgastzahlen stiegen ab Mitte der 1990-er Jahre wieder an. Neben den obligatorischen Rund- und Linienfahrten wurden auch weiterhin Charter- und Abendfahrten für Familien- und Firmenanlässe angeboten. Ab 01. August 2006 ist die „Santa Barbara“ auch Trauzimmer des Standesamtes Senftenberg. Die erste Trauung war am 30. September 2006.
Der Reeder Rolf Bothen hat sich schon frühzeitig um seine Nachfolge bemüht.
Letztendlich dauerte der Findungsprozess ca. 3 Jahre.
Am 11. März 2014 erfolgte die Übergabe des Fahrgastschifffahrtsbetriebes an die Reederei M. Löwa GmbH an der imposanten Seebrücke des am 23. April 2013 eröffneten Stadthafens Senftenberg. Hier können bei Bedarf zwei Fahrgastschiffe gleichzeitig anlegen. Marianne Löwa aus Werben im Spreewald ist gelernte Binnenschifferin und besitzt Patente für Elbe, Donau und Rhein, für Küstenfahrt und Radar. Sie ist zuletzt als 2. Kapitän für ein Schweizer Flusskreuzfahrtunternehmen gefahren.
Durch die Reederei M. Löwa GmbH wurde und wird der Fahrgastschifffahrtsbetrieb in bewährter Weise fortgeführt und erweitert. Noch in 2014 wurde von ihr der Bau eines Solarkatamarans in Auftrag gegeben, der dann den Schiffsverkehr von Senftenberg nach Geierswalde aufnehmen soll.
Der in Ahaus (Nordrhein-Westfalen) gebaute Solarkatamaran kam per Schwertransport nach Großkoschen und wurde am 11. Juni 2015 am Koschener Kanal, nach kurzer Nottaufe (Flasche Sekt an den Bug und den Spruch mit allzeit gute Fahrt und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel) durch die Eignerin, per Kran zu Wasser gelassen und zum Anleger ins Hafencamp geschleppt.
Das Schiff ist 27,02 m lang, 5,38 m breit, hat einen Tiefgang von 1,32 m und bietet 110 Personen Platz. Es ist behindertengerecht gebaut. Angetrieben wird es durch zwei Elektromotoren a´30 KW und hat zur besseren Manövrierfähigkeit ein Bug- / Querstrahlruder mit 20 KW. Der Strom für die Batterien wird durch Solarpanele und, bei Bedarf, einen 4 Zylinder John Deere Dieselgenerator mit 48 KW erzeugt. Nachts gibt es einen Stromanschluss an Land.
Am 02. Juli 2016 erfolgte die offizielle Taufe des Solarkatamarans an der Seebrücke am Stadthafen Senftenberg. Taufpaten waren Henriette Löwa, die Omi der Schiffseignerin Marianne Löwa, und der Wassermann. Das Schiff wurde auf den Namen „AquaPhönix“ getauft.
Nach vielen „Auf’s“ & „Ab’s“ mit Seesperrungen, Corona bedingter Sperrungen, hieß es endlich aufatmen. Die Reederin und Ihr Team freuten sich auf eine Erfolgs versprechende Saison 2023, bis…
… zur großen Katastrophe am 15.06.2023, das FGS „AquaPhönix“ fiel einem schweren Brand zum Opfer. Niemand kam zu Schaden, da sich das Unglück in den frühen Morgenstunden abspielte.
Seit diesem einschneiden Erlebnis fährt die Reederei M. Löwa GmbH nur noch mit einem Fahrgastschiff, dem Urgestein MS „ Santa Barbara“über den Senftenberger See.